Tiefengeothermie
Geothermie in Bayern
Im südbayerischen Raum bietet sich mit dem Thermalwasservorkommen in den Malmkarbonaten die Möglichkeit einer geothermischen Nutzung aus einer heimischen Energiequelle. Dies ist die größte direkt nutzbare Geothermielagerstätte West- und Mitteleuropas, die aufgrund der angetroffenen Thermalwassertemperaturen von 35 bis maximal 165 Grad Celsius bei Ergiebigkeiten von 40 bis maximal 200 Liter pro Sekunde je nach Tiefenlage und Gebiet vor allem für die geothermische Wärmeversorgung, ggf. auch Kälteerzeugung und Wärmespeicherung, genutzt werden kann. Bei Temperaturen von mehr als 115 Grad Celsius wird in Bayern bei entsprechenden Thermalwasserzuflüssen über Organic-Rankine-Cycle-Anlagen (ORC-Anlagen) auch Strom erzeugt. Bisher sind 24 Anlagen in Betrieb, davon sieben für die geothermische Stromerzeugung, weitere sind im Bau.
Erdwärme oder synonym Geothermie ist die innerhalb der Erdkruste über Bohrungen erschließbare gespeicherte Wärmeenergie im Untergrund. Man unterscheidet hierbei je nach Bohrtiefen bzw. erschlossener Wärmeleistung zwischen oberflächennaher Geothermie (bis 400 Meter oder 0,2 Megawatt je Bohrung) und tieferer Geothermie. Für die Nutzung der tieferen Geothermie sind immer zwei Tiefbohrungen zur Druckerhaltung notwendig, eine Bohrung zur Förderung des Thermalwassers und eine zur Reinjektion. Die dabei erschlossenen Wärmeleistungen sind deutlich höher als die bei der oberflächennahen Geothermie, ferner ist bei der tieferen Geothermie der Einsatz zusätzlicher Wärmepumpen aufgrund der höheren Thermalwassertemperaturen oftmals entbehrlich.
Geothermisches Potenzial in Bayern
Das bisher in Tiefen von 800 bis über 5.000 Metern über Tiefbohrungen in Bayern erschlossene geothermische, hydrothermale Potenzial liegt derzeit bei etwa 338 Megawatt für die Wärmenutzung und etwa 38 Megawatt für die Stromerzeugung. Nach Berechnungen wissenschaftlicher Institute wäre das hydrothermale Potential Bayerns ausreichend, bis zu 25 Prozent des bayerischen Wärmebedarfs im Gebäudesektor aus der Tiefen-Geothermie zu decken, soweit entsprechende Wärmenetze zum Transport und zur Verteilung der Wärme vorhanden sind. Das Potential der Stromerzeugung ist deutlich geringer und wird nach den bisherigen Bohrergebnissen auf maximal 120 Megawatt geschätzt; genaue Prognosen hierzu sind aufgrund der Heterogenität der geologischen Verhältnisse nicht möglich.
Vorteile der Geothermie:
- Es handelt sich um eine heimische Energiequelle, dies bedeutet Versorgungssicherheit für lange Zeiträume.
- Sie ist grundlastfähig und regelbar im Wärme- und Strombereich.
- Die Nutzung der Geothermie hat nur einen geringen Platzbedarf und damit Flächenverbrauch. Eingriffe in Natur und Landschaft sind vergleichsweise gering.
- Anders als bei der Energiegewinnung aus Wind und Sonne ist keine Zwischenspeicherung notwendig.
- Für Kommunen und Wirtschaft besteht die Möglichkeit des Aufbaues einer dezentralen und klimaneutralen Energieversorgung.
- Geothermie bietet ein hohes Substitutionspotenzial im Wärmebereich für fossiles Öl und Gas und vermindert damit die Importabhängigkeit.
- Geothermie hat von allen erneuerbaren Energieträgern die beste Klimaschutzbilanz.
Weitere Informationen
Nordbayern - Fränkisches Becken
Temperaturverteilung in Nordbayern
Südbayerisches Molassebecken
Temperaturverteilung in Südbayern
Die Tiefengeothermie hat ein großes Potenzial für die Energie- und insbesondere Wärmewende in Bayern. Aufgrund der geologischen Verhältnisse gibt es vor allem in Südbayern eine Reihe fündiger Bohrungen, die eine Dekarbonisierung der Wärmeversorgung in Verbindung mit Wärmenetzen erlauben. Dieses Potenzial gilt es auszubauen und für eine klimafreundliche Wärmeversorgung zu nutzen.
Unter Beteiligung des Geothermie-Verbands sowie Unternehmen und Kommunen wurde ein Masterplan Geothermie entwickelt. Im Bayerischen Aktionsprogramm Energie sind die Eckpunkte des Masterplans Geothermie enthalten:
- Perspektivisch soll bis 2050 etwa ein Viertel des bayerischen Wärme-verbrauchs im Gebäudesektor über Geothermie gedeckt werden. Dies bedarf neben der weiteren Erschließung der hydrothermalen Geothermie in Südbayern vor allem einer vertieften Forschung durch die Geothermie-Allianz Bayern, um das petrothermale Potenzial Nordbayerns zu erschließen.
- Die hydrothermale Geothermie in Südbayern soll weiter erschlossen werden und beispielsweise durch Transportleitungen zusätzliche Wärmesenken an geothermische Wärme-Hot-Spots angebunden werden. Mittel- bis langfristig können durch längere Transportleitungen auch weitere Abnehmer für geothermische Wärme angebunden werden.
- Die Rahmenbedingungen für den Ausbau der Wärmenetze in Kommunen müssen verbessert werden. Durch angepasste Förderkonditionen für Wärmenetze auf Bundesebene, die Einführung der CO2-Bepreisung auf Bundesebene, Änderungen des KWKG und die in Diskussion befindlichen Verbesserungen des EEG haben sich die Ausgangsbedingungen bereits deutlich verbessert, so dass erst die Folgen dieser Änderungen analysiert werden müssen.
Das Gutachten der Technischen Universität München zeigt auf, dass das Potenzial der Geothermie in Bayern bei weitem noch nicht ausgenutzt ist. Neben den hohen Investitionskosten und Risiken ist die Tatsache, dass nutzbare Tiefengeothermie nicht gleichmäßig verteilt ist sowie Wärmequellen und Wärmesenken häufig nicht korrespondieren. Dies lässt sich durch den Bau von Fernwärme-Verbundleitungen ausgleichen, was allerdings die Investitionskosten weiter erhöht.
Das Gutachten zeigt auf, sich Fernwärme über längere Strecken mit relativ geringen Verlusten transportieren lässt. Um eine konkurrenzfähige Kostenposition für die transportierte Wärme zu erreichen, muss die Geothermie im Grundlastbereich mit hohen Volllaststunden bereitgestellt werden und es muss eine Förderung der Verbundleitungen erfolgen. Daher sollte ausgehend von eher lokalen Projekten eine Verknüpfung von Kommunen über Verbundleitungen erfolgen, um die Geothermie eher großflächig nutzen zu können.
Nordbayern verfügt nur über ein geringes hydrothermales Potenzial. Genutzt werden könnte dort das petrothermale Potenzial in den Festgesteinen, das grundsätzlich über ein deutlich höheres für die Strom- und Wärmeerzeugung erschließbares Potenzial als die hydrothermale Geothermie verfügt. Allerdings gibt es bisher noch keine in Betrieb befindlichen, wirtschaftlich realisierbaren Projekte. Um die Geothermie-Ziele des Aktionsprogramms Energie (bis 2050 etwa ein Viertel des bayerischen Wärmeverbrauchs) zu erreichen, muss daher auch die Grundlagenforschung an petrothermalen Verfahren vorangetrieben werden.
Seit 15. September 2022 fördert die Bundesregierung den Neubau von Wärmenetzen aus erneuerbaren Energien und Abwärme und die Erweiterung/Verdichtung sowie die Dekarbonisierung bestehender Wärmenetze. Das Förderprogramm ist in vier Module aufgeteilt:
- Modul 1 – Transformationspläne und Machbarkeitsstudien
- Modul 2 – Systemische Förderung für Neubau und Bestandsnetze (u.a. werden Investitionen in Tiefengeothermiebohrungen, Wärmezentralen, Wärmenetze und –verteilleitungen mit 40 Prozent der Investitionskosten gefördert; gleichzeitig werden 40 Prozent des Ausfallrisikos bei Bohrungen übernommen.)
- Modul 3 – Einzelmaßnahmen
- Modul 4 - Betriebskostenförderung
Insgesamt stehen rund 3 Milliarden Euro bis 2026 zur Verfügung. Förderanträge können beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) gestellt werden.
Das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie wird nach Veröffentlichung des Förderprogramms zusammen mit den Akteuren nach zulässigen Möglichkeiten suchen, um den Förderansatz der Bundesförderung ggf. zu ergänzen und zusätzliche Anreize für den Ausbau der Geothermie zu setzen.
- Hinweise zur Antragstellung bei Bewilligungen zur Gewinnung von Erdwärme (hydrothermale Geothermie)
- Hinweise zur Antragstellung bei Erlaubnissen zur Aufsuchung von Erdwärme zu gewerblichen Zwecken
- Bergbauberechtigungen für Erdwärme (siehe Excel-Datei zu Bergbauberechtigungen sowie PDF-Karte zu „Erteilte Erlaubnisse und Bewilligungen“ und Shapefiles)