Naturgefahren in Bayern
Klimaforscher warnen davor, dass durch den Klimawandel extreme Wettersituationen zunehmen werden. In den letzten 75 Jahren stieg die mittlere Jahrestemperatur in Bayern bereits um ein Grad Celsius an. Bis zum Jahr 2050 muss mit einer weiteren Erhöhung um über ein Grad Celsius gerechnet werden. Eine Folge dieser Erwärmung sind vermehrte Unwetter mit intensiven Niederschlägen und Überschwemmungen. In den Alpen und anderen Gebirgsregionen werden sogenannte Georisiken wie Hangrutschungen oder Murgänge zunehmen.
Seit 1970 hat die Anzahl der Naturkatastrophen in Deutschland deutlich zugenommen. Allein bis zum Jahr 2013 waren von 790 Schadenereignissen rund 70 Prozent durch Stürme und Unwetter, 20 Prozent durch Überschwemmungen und Massenbewegungen, 8 Prozent durch Brände, Dürren oder Frost und 4 Prozent durch Erdbeben verursacht. Insgesamt entstanden Schäden von rund 80 Milliarden Euro, von denen nur etwa 40 Prozent versichert waren. Auffällig ist, dass die Überschwemmungen und Massenbewegungen einen überdurchschnittlich großen Schaden verursachen (30 Prozent der Schäden), aber nur unterdurchschnittlich versichert sind (12 Prozent der versicherten Schäden).
Naturgefahren in Bayern
Informieren Sie sich zu den einzelnen Naturgefahren, vor allem über Starkregen.
Zuletzt war Bayern im Sommer 2021 Schauplatz heftiger Starkregenereignisse. In nahezu allen Regierungsbezirken waren einzelne oder mehrere Landkreise betroffen. Die gesamten Schäden werden bayernweit mit ca. 323 Mio.€ veranschlagt. Von den ebenfalls im Juli 2021 niedergehenden starken Regenfällen und ihren katastrophalen Auswirkungen in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen blieb Bayern verschont.
Ende Mai und Anfang Juni 2016 führten Sturzfluten im Landkreis Rottal-Inn zum extremsten je in Bayern aufgezeichneten Abflussereignis. Die schweren Unwetter verursachten insbesondere in Simbach am Inn, aber auch an zahlreichen anderen Orten sehr hohe Sachschäden und forderten sogar sieben Menschenleben. Die Katastrophe ist auf eine Verkettung zahlreicher Umstände zurückzuführen. In Folge lang anhaltenden Regens waren die Böden im Landkreis Rottal-Inn bereits mit Wasser gesättigt, so dass der dann innerhalb weniger Stunden fallende Starkregen ungehindert abfließen konnte. Im Zusammenspiel mit sich überlagernden Scheitelwellen hatte dies dann eine Katastrophe ungekannten Ausmaßes zur Folge.
Am 21. Juli 2007 fielen im fränkischen Poxdorf innerhalb von nur sechs Stunden 160 Liter Regen pro Quadratmeter - mehr als doppelt so viel wie sonst im ganzen Monat. Nach kurzer Zeit waren in der Gegend um Poxdorf über 1.000 Häuser und Keller überflutet. Es entstand ein Sachschaden von rund 100 Millionen Euro. In Poxdorf hatte niemand mit solchen Sturzfluten gerechnet, liegt der Ort doch zwei Kilometer vom Überschwemmungsgebiet der Regnitz entfernt.
Die Intensität von Starkregenereignissen wie das in Poxdorf hat in den letzten 75 Jahren in Bayern regional um bis zu 40 Prozent zugenommen. Diese Gefahr wird häufig unterschätzt. Starkregen kann auch fernab von Flüssen gefährliche Sturzfluten auslösen und ansonsten kleine Rinnsale in kürzester Zeit in reißende Bäche verwandeln. Tatsächlich machen Schäden durch Starkregen inzwischen rund 50 Prozent der Überschwemmungsschäden aus.
Bei Starkniederschlägen kann das Wasser nicht schnell genug im Boden versickern, so dass es zu einem überproportionalen Abfluss von Oberflächenwasser kommt, der binnen kürzester Zeit zu einer Sturzflut anschwillt. Auch die Kanalsysteme können solche Wassermengen nicht mehr schadlos ableiten, weil sie auf derart außergewöhnliche Abflussmengen nicht ausgelegt sind. Besonders gefährdet sind Gebäude in Hang- und Muldenlagen oder in der Nähe von versiegelten Flächen.
Rund um das Wochenende nach Fronleichnam 2024 regnete über Süddeutschland ein Tiefdruckgebiet ab, was in Bayern und Baden-Württemberg zu weitreichenden Überschwemmungen führte. Zahlreiche kleine Flüsse und Bäche traten über die Ufer. Teilweise reichte aber auch der das Hochwasser verursachende Starkregen allein, um Keller volllaufen zu lassen. In 20 Landkreisen wurde der Katastrophenfall ausgerufen. Fünf Menschen kamen ums Leben. Selbst Tage nach den stärksten Regenfällen gingen die Pegel an den Flüssen nur langsam zurück. Die versicherten Schäden wurden vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in einer ersten Schätzung mit 2 Mrd. € beziffert.
Im August 2005 ließ ergiebiger Dauerregen in Südbayern die Wasserstände in den Flüssen und Bächen rapide ansteigen. Von der Iller im Westen bis zum Inn im Osten kämpften die Einsatzkräfte gegen die Fluten der ausufernden Fließgewässer an. Auch entlang der Donau war die Lage angespannt. Nach den Überschwemmungen an Pfingsten 1999 und im August 2002 war es das dritte große Hochwasser in Südbayern innerhalb von sechs Jahren. In Nordbayern sind vor allem die Hochwasser vom Januar 2003 und Mai 2006 noch in Erinnerung. Das Juni-Hochwasser 2013 hatte die größte räumliche Ausdehnung aller Hochwasserereignisse seit 1950. Viele Flüsse verzeichneten historische Pegelhochstände - vor allem im Einzugsgebiet von Donau und Elbe. Durch Deichbrüche wurden Regionen überflutet, in denen es seit Jahrzehnten, zum Teil seit Jahrhunderten, kein Hochwasser gab. Diese Flut hinterließ verheerende Spuren und Milliardenschäden.
Überschwemmungen durch Hochwasser sind für rund ein Drittel der Personen- und Sachschäden verantwortlich, die auf Naturereignisse zurückgehen. Allein die Jahrhundertflut im August 2002 verursachte deutschlandweit Schäden in Höhe von 11,6 Mrd. Euro und war damit die größte Naturkatastrophe der letzten 40 Jahre. Im Jahr 2010 wurde zudem der größte Industrieschaden durch eine Überschwemmung ausgelöst.
Hochwasser ist ein Naturereignis, mit dem insbesondere die Bewohner von Flusstälern immer wieder konfrontiert werden. Hochwasser ergibt sich aus dem Zusammenwirken ungünstiger Faktoren wie beispielsweise ergiebiger Dauerregen, durch Vorregen bereits gesättigte Böden, Niederschläge auf gefrorene Böden sowie das Zusammentreffen von Niederschlägen mit der Schneeschmelze. Die Folge größerer Hochwasserabflüsse sind Ausuferungen, die sowohl den unmittelbaren Uferbereich, als auch - bei nicht eingedeichten Flüssen - ganze Flussniederungen betreffen können. Bei extremen Hochwassern kann es jedoch auch passieren, dass ein Teil des Wassers außerhalb des Gewässerbettes abfließt und dort zu Überschwemmungen führt.
Überschwemmungsschäden durch Ausuferung von Gewässern oder auch durch Sturzfluten können durch eine Elementarschadenversicherung abgesichert werden. Lediglich Schäden durch ansteigendes Grundwasser, bei dem innerhalb des Erdbodens befindliches Wasser von unten oder von der Seite in den Keller drückt, sind dabei nicht versichert.
Wiebke 1990, Lothar 1999, Kyrill 2007, Christian und Andreas 2013: Gemessen an der Häufigkeit von Schadenereignissen und am Schadenausmaß sind Stürme die bedeutendste Elementargefahr der letzten Jahrzehnte. In den letzten Jahren führten Stürme in Deutschland im Schnitt zu rund 750.000 versicherten Schäden pro Jahr im Privatgeschäft.
Allein der Orkan Kyrill führte im Januar 2007 europaweit zu volkswirtschaftlichen Schäden von bis zu 10 Milliarden US-Dollar, versichert waren knapp 6 Milliarden US-Dollar. Am stärksten von den Orkanböen betroffen war der Südosten Bayerns mit Böen von bis 202 km/h auf dem Wendelstein. Aber auch im Flachland wurden Orkanböen der Stärke 12 gemessen. Der Sturm forderte in ganz Deutschland 13 Menschenleben. Der Hagelsturm Andreas im August 2013 verursachte allein an Wohn- und Geschäftsgebäuden (ohne Kfz) rund 1,9 Mrd. Euro Schadenaufwand.
Schäden aus Sturmereignissen werden vermutlich auch in Bayern ansteigen. Verantwortlich dafür sind die Erhöhung des Schadenspotenzials durch zunehmende Bebauung sowie Veränderungen im Wettergeschehen.
Orkane entstehen in Mitteleuropa vor allem im Herbst und Winter, da in dieser Zeit die Temperatur- bzw. Luftdruckunterschiede zwischen der Polarregion und den Subtropen besonders groß sind. Klimaforscher gehen davon aus, dass sich die Zugbahnen von Tiefdruckgebieten verstärkt nach Mitteleuropa verlagern und damit die Anzahl der starken Stürme auch in Deutschland steigen wird.
Unter Sturm versteht man aus meteorologischer Sicht Windgeschwindigkeiten über 9 Beaufort (ca. 75 km/h), während ab 117 km/h (12 Beaufort) von einem Orkan gesprochen wird. Im Versicherungsbereich gelten andere Grenzen: Für die Versicherung von Sturmschäden muss eine Windgeschwindigkeit von 8 Beaufort bzw. 64 km/h vorliegen.
Ausgiebige Schneefälle führten Anfang 2006 vor allem in Ostbayern zur größten Schneekatastrophe der letzten Jahrzehnte. Tagelang schaufelten Feuerwehrmänner und Soldaten Dächer frei - und doch stürzten manche ein. Über mehr als zwei Monate hatten sich große Schneedecken ansammeln und setzen können, da durchgreifende Tauwetterperioden ausgeblieben waren. Dadurch war das Gewicht der Schneedecken besonders groß.
Schneekatastrophen haben zum Teil ähnliche Ursachen wie Überschwemmungen: Zuviel Niederschlag in kurzer Zeit. Zu den extremen Neuschneemengen kommen häufig noch ungünstige Witterungsbedingungen, zum Beispiel anhaltende Frostperioden oder Stürme. So kann starker Wind die Ablagerung von Schnee an Hindernissen, etwa Gebäuden, verstärken. Eine Gefahr können aber auch relativ hohe Temperaturen während des Schneefalls darstellen, da der Schnee dann besonders nass und schwer ist.
Vor allem in den Alpen, aber auch in den Mittelgebirgen Bayerns, verursachen Erdrutsche, Berg- oder Felsstürze sowie Steinschläge immer wieder große Schäden. Anlass für Rutschungen ist in vielen Fällen eine starke Durchnässung. Die Erde oder das Gestein gleitet dabei mehr oder weniger schnell hangabwärts – von wenigen Zentimetern pro Jahr bis zu mehreren Metern pro Minute. Gerade größere Rutschungen sind kein einmaliges Ereignis. Die Massen kommen nach einer Bewegungsphase zunächst wieder zur Ruhe, bis sie nach Jahren oder sogar Jahrtausenden wieder reaktiviert werden.
Bei Felsstürzen lösen sich ganze Felspartien aus Wandstufen und stürzen ab. Im Gegensatz zum Bergsturz ist ihr Volumen mit unter 1 Mio.m³ und ihre Dynamik deutlich geringer. Von Stein- oder Blockschlag spricht man dagegen bei Abstürzen von bis zu 10 m³ Größe. Die Ursache für Felsstürze sind Spannungsumlagerung, Materialermüdung und Verwitterung an Trennflächen. Die Auslöser sind oft weniger eindeutig als bei anderen Hangbewegungen. Frost, Temperaturwechsel, Erdbeben oder Niederschlag können Auslöser sein, häufig erfolgen Felsstürze aber auch ohne weitere erkennbare Anlässe.
Im Versicherungsbereich werden Erdrutsche als ein naturbedingtes Abrutschen oder Abstürzen von Erd- oder Gesteinsmassen definiert, schließen also Felsstürze und Steinschlag mit ein.
Durch die zunehmende Erschließung wird es für die Gemeinden und Planer immer wichtiger, gefährdete Gebiete möglichst genau abgrenzen zu können. Daher erstellt das Bayerische Landesamt für Umwelt Gefahrenhinweiskarten für den gesamten bayerischen Alpenraum, anschließend für die Schwäbische und Fränkische Alb sowie für Unterfranken. Diese informieren über potenzielle Reichweiten und Sturzbahnen von Steinschlägen, Felsstürzen und Hangrutsche. Sie zeigen, wo neue Bebauung vermieden oder angepasst werden sollte oder wo Schutzmaßnahmen wie Fangzäune und Schutzwälle notwendig sind. In den betroffenen Gemeinden können sich dadurch künftig weit mehr Hauseigentümer gegen Naturgefahren versichern als bisher. In einigen Landkreisen wurden die Zonen mit Versicherungsausschluss bereits halbiert.
Erdfälle oder Erdsenkungen bilden sich vornehmlich durch chemische Lösung wasserlöslicher Gesteine (Korrosion), gelegentlich auch durch Ausspülung des Feinanteils von Lockergesteinen (Suffosion). Dadurch entstehen unterirdische Hohlräume, die zum plötzlichen Einsturz beziehungsweise allmählichen Absenken der Erdoberfläche führen und sich dort in Form von Trichtern (Dolinen) oder Schloten bemerkbar machen. Diese sind bis zu 20 Meter tief und weisen Durchmesser von Metern bis zu Zehnermetern auf. Senkungsmulden können sich auch über mehrere 100 Meter erstrecken.
Die betroffenen Gebiete sind in ihrer groben Ausdehnung meist bekannt, doch kann zum Beispiel der einzelne Erdfall sowohl zeitlich als auch örtlich nicht vorhergesagt werden. Die daraus resultierenden Gebäudeschäden können von Rissen bis zum Einsturz des Gebäudes reichen und lassen sich nur bei kleineren Erdfällen durch eine angepasste Bauweise verhindern.
Typische Erdfall-/Erdsenkungsgebiete in Bayern sind die Muschelkalk- und Malmbereiche in Franken, der Gipskeuper in Franken oder der Berchtesgadener Raum mit den Salz- und Gipsvorkommen des Haselgebirges. Suffosion führt zum Beispiel im Regensburger Raum gelegentlich zu Schäden.
Im Versicherungsbereich sind bei der Elementarschadenversicherung sowohl die Bezeichnung Erdfall als auch Erdsenkung gebräuchlich. Beide werden als eine naturbedingte Absenkung des Erdbodens über naturbedingten Hohlräumen definiert.
Naturgefahren in Bayern
Auf der Plattform können sich interessierte Bürger und Kommunen zu Hochwasser und Muren, Lawinen und Schneedruck, Trockenheit und Hitze, Unwetter sowie Rutschungen informieren.